Warren Buffett und Charles Munger haben den Überblick über 100 Jahre selbst miterlebte, und mitgestaltete Wirtschaftsgeschichte. Angesprochen auf MMT und Bitcoin ziehen sie trotzdem blank. Im freien Spiel der Kräfte nützen Theorien wenig, der Markt sagt, was Sache ist also bleibt vom Lebenswerk der alten Herren nur die Empfehlung: Investiert lieber in Indexfonds, als Gurus das Geld anzuvertrauen.
Mit ebensolcher praktischer Intelligenz sortiert sich auch Google weiter in der Welt ein. Inzwischen wollen sie im Silicon Valley alles synthetisieren. Ganz freimütig bewirbt uns Google mit seinen Produkten. Sie nehmen unsere Smartphones, sortieren die alten, unangenehmen Erinnerungen aus unseren Archiven und pflanzen synthetische „cinematic Moments“ hinein. Dass das alles weniger mit Realität als Googles Abbild der Welt zu tun hat, kümmert Sundar Pichai wenig. Er hat diejenigen, die seinem Konzern ethische Einwände von innen entgegenbringen kurzerhand gefeuert.
In dieser neuen Medienwelt findet sich niemand mehr richtig zurecht. Wir besprechen dem Streaming-Boom anhand von Twitch und die #nofriends Dramatisierung bei Youtube. Es ist für alle ein großes Durcheinander. Weshalb wir auch in den Generationenfragen nochmal nach Ursachen forschen. In Amerika und China werden derzeit so wenig Kinder geboren wie einhundert Jahre nicht. Es betrifft die ganze soziale Bandbreite. Und ein interessanter neuer Vorwurf steht im Raum. Gehen die Babyboomer nicht nur mit ihrem Erbe an uns falsch um, sondern auch mit dem, das sie damals bekamen?
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zu #nofriends und Kaffetasse (ab 3:41:16)
Mir sind dabei Bilder aus amerikanischen Filmen und Serien eingefallen. Und zwar sieht man dort bei Szenen, die in Therapiegruppen bzw. Selbsthilfegruppen sich abspielen immer, dass kostenlos Kaffee angeboten wird. Manchmal sieht man dann Teilnehmer auch schon in der Runde Tassen halten, oder dann zumindest in Pausen, dass sich alle einen Kaffee holen, dann ähnlich wie beim Stehempfang möglicherweise ins Gespräch kommen. Vielleicht soll es solch ein Bild evozieren, dass man sich mit seinen Zuschauern in solch einem Selbsthilfegruppe-Szenario sieht. Oft geht es ja in solchen Selbsthilfegruppen (im Film, in der Realität kenne ich sie auch nicht) gar nicht so sehr um die Ausarbeitung von Lösungen, sondern häufig nur um die bloße Benennung, das bloße Anerkennen des Problems. Es muss dazu auch immer expilzit von jedem noch mal ausgesprochen werden, z.B. bei einem Treffen der anonymen Alkoholiker, wo ja klar ist, wer sich dort wahrscheinlich einfindet, dass man sagt: „Ich heiße soundso, und ich bin Alkoholiker“. Dafür gibt es dann schon Applaus und anerkennende Bekundungen, obwohl ja eigentlich noch nicht viel passiert ist, noch nicht viel Arbeit verrichtet werden musste. In „Fight Club“ ist das ja sehr gut porträtiert, und dass man nach solchen Momenten süchtig werden kann. Vielleicht wird das versucht, nachzuahmen.
Mein erster Gedanke zu den Kaffeetassen war eigentlich, dass es so ein Verlegenheitsding ist. „Man hält sich an etwas fest“, so wie es sich auch in einer Bar, zumindest für einen nervösen Typen wie mich, besser anfühlt immer ein Glas oder eine Flasche oder eine Zigarette in der Hand zu haben. Sicherlich projiziere ich hier ein bisschen. Macht z.B. eine Tasse einen Protagonisten vielleicht auch sympathischer (vielleicht auch weil er durch diese Alltäglichkeit lockerer wird)? Man denke an Brad Pitt in „Oceans Eleven“, war das nicht so, dass er in jeder Szene mit ihm etwas isst? Das hat doch auch was Verletzliches, bzw. Intimes.
Diese Tassensache symbolisiert aber irgendwie auch die Alltäglichkeit von Videoperformances. Die Leute sind da ja auch gerade auf/bei der Arbeit. So sieht man doch auch in vielen Büros, vielleicht zu bestimmten Zeiten, Kaffeetassen auf Schreibtischen.
Und wenn ich mich recht erinnere, steht eigentlich bei jeder Folge(?) „Filmanalyse“ auch auch ein Glas Cola auf dem Beistelltisch :). Ist das nicht das selbe oder ein ähnliches Phänomen?
Zur Google IO:
Das ist jetzt ein bisschen Meta. Als ich diese Beiträge von der IO hörte ist mir aufgefallen, dass sie alle so eine Tonfall haben. Mir ist aufgefallen, dass dieser bei Präsentationen sehr oft vor kommt. Ich kenne das auch von der Firma in der ich arbeite. Wenn es da eine Konferenz gibt, wird auch immer so gesprochen. Ich kann noch nicht richtig fassen was es ist. Ich vermute, es ist so, dass jeder Satz betont wird und alles immer aufregend und spannend und neu ist. Deshalb würde mich interessieren, ob es dazu Texte gibt, die das behandeln. Kennt da jemand was?
Ich kann nur sagen, mich nervt dies gewaltig, es war schwer erträglich dabei zuzuhören. Vor allem wenn man dann noch kritisch über den Inhalt nachdenkt.
Die Stimme wird am Ende von jedem Satz gehoben, wie eigentlich sonst nur bei Fragesätzen, so würde ich es umschreiben. Ebenso werden dabei, möglichst kurze Sätze gebildet.
Die neuesten Ideen von Google, klingen so, als ob man dort die beiden „Blade Runner“-Filme nicht als Dystopie, sondern als Utopie missverstanden hätte.
Um einen anderen Film zu zitieren: „Scheiß-futuristisch!“
Ich hatte noch nicht zu Ende gehört, aber dieses Lambda-Zeug ist einfach schrecklich. In Ergänzung zu dem von Euch besagtem. Muss man festhalten, dass es hier um pure Ideologie geht und in keinem Sinn um Wissen. Pluto ist eben kein Planet, ihn als Planeten zu bezeichnen war von Anbeginn seiner Entdeckung ein Problem. Die Wissenschaftler haben sich darauf geeinigt, dass man Objekte wie Pluto eben Zweigplanet nennt. Aber offensichtlich finden die das bei Google doof und lassen Pluto für sich sprechen, dass er ein. Planet sei. In diesem Rahmen könnte man auch problemlos Ei Gespräch mit der Erde führen und diese erzählt uns, dass sie vor 6000 Jahren von Gott geschaffen wurde. Hier geht es um Mythen und eine Tradierung der Mythen über Erzählungen.
Aber es passt leider alles zusammen. Wir bekommen Momente erzählt, die es nie gab und Mythen werden uns als Wissen verkauft. Auf diesem Wege schafft Google eine eigene Realität in der es dann auch keine Kritik mehr an Google geben kann. Weil wir die Worte dafür verloren haben. Innerhalb von 20 Jahren hat sich Google von „Don’t be evil“ zu „We are evil“ gewandelt.
Was mir noch als Gedanke im Kopf herum geht: Google legt bei der Präsentation sehr viel Wert darauf zu sagen, dass sie die Standards einhalten UND ausgewogen sind und keine Diskriminierung vornehmen oder wie sie sich ausgedrückt haben. Ich frage mich deshalb, in wieweit unserer „Liberalismus“ der „gewaltefreie Diskurs“ zu dieser Entwicklung beigetragen haben.
Google Lambda ist es komplett egal, ob Pluto ein Planet oder Zwergplanet oder was auch immer ist. Es handelt sich vermutlich einfach um ein großes statistisches Modell, welches anhand von Daten gelernt hat, was ein Wort in welchem Kontext wahrscheinlich bedeutet, welche Worte wahrscheinlich zu syntaktisch und semantisch korrekten Sätzen kombiniert werden können, welche Konzepte mit welchen Relationen und Attributen es gibt, etc. Ein Eingabesatz wird von diesem Modell Wort für Wort eingelesen, in einen uneinsehbaren, hochdimensionalen Wahrscheinlichkeitsvektor überführt und aus diesem wird dann Stück für Stück ein Ausgabesatz berechnet, der semantisch und pragmatisch zur Eingabe passt. So funktioniert die Basistechnologie (sequence to sequence), die bei Lambda vermutlich um viele cleveren „Tricks“ erweitert wurde.
Man kann Google nun vorwerfen in der Demo eine Konversation mit „Pluto“ geführt zu haben und so irgendwelche subversiven Messages zum Thema Pluto zu verbreiten. Ich denke aber, dass der Wahl des Themas hier keine besondere Bedeutung hat und eine Kritik, die sich darauf bezieht, verliert das wesentliche aus den Augen.
Problematisch ist was Lambda sonst aus den Daten lernen würde – hier greifen die gleichen Mechanismen wie bei Googles Suchfeld. Durch SE-Optimierung werden im Suchindex manche Seiten hoch geranked und so kommt es dazu, dass Fake Facts ganz oben stehen können. Wenn diese Seiten dann vielleicht irgendwann bei einem Lambda-basierten Chatbot auch höher gewichtet werden, werden auch die so gelernt „Fakten“ in die Antworten einfließen. Bei der IO wurde von Pichai nach der Demo extra betont „we have focussed on ensuring that lambda meets our incredibly high standards on fairness, accuracy, safety, and privacy. So from concept all the way to design we are making sure that it’s developed consistent with our AI principles“. Was das genau bedeutet und wie es realisiert wird, bleibt erst einmal unklar, man müsste die aktuellen Forschungspapiere aus den Google-Laboren lesen. Was die AI-principles sind, ist leider auch nicht so klar, das AI-Ethics Team wurde aber ja gefeuert. Interessanterweise richtete sich ihre Kritik genau gegen „Sprachmodelle“ wie sie in lambda wahrscheinlich verwendet werden.
zu Putnam und dem Individualismus nach ’68 ca1:34
Ich habe den Eindruck hier ging es mit den demographischen Kohorten etwas durcheinander:
Die ’68er und die Babyboomer sind zwei sehr unterschiedliche Kohorten.
Die ’68er waren 1968 so um die zwanzig Jahre alt. Sie sind also Mitte bis Ende der 1940er geboren. Diese Kohorte war, kriegsbedingt, eine sehr kleine Geburtskohorte. Sie waren aufmüpfig, da ihnen die Welt offen stand. Sie brauchte sich um Jobs keine Gedanken zu machen. Ihre demographische Luxussituation verschaffte ihnen das Privileg, dass sie ihren Individualismus ausleben konnten.
Ganz anders die Babyboomer. Diese Kohorte war sehr groß. Sie waren geplagt von hoher Jugendarbeitslosigkeit und überfüllten Hörsälen. Dennoch hat diese Generation einige sehr nachhaltige Dinge geschaffen. Die Partei der Grünen und die TAZ zB wurden von Babyboomern geschaffen. In den 1980ern, als diese Generation so Mitte zwanzig war, hatten eher solidarische und kollektive Werte, wie etwa Umweltschutz Konjunktur.
Zu Montana Black
(Vorab: Vielen Dank für Eure großartige Arbeit! (um es kurz zu machen))
Im April habe ich aus langer Weile mal bei Twitch vorbeigeschaut und dort dann auch bei MontanaBlack.
Dieses „Erlebnis“ hat mich nachdenklich gestimmt und auch frustriert.
„Monte“ hat an diesem Abend (soweit ich weiß, ist das ja immer live) irgendwelche Videos kommentiert.
In einem von diesen Videos sah man Susanne Hennig von der Partei „Die Linke“ bei Lanz sitzen und von ihren Ideen bzgl. der Spitzen- und Vermögensteuer reden. Sie sprach von einer Anhebung der Spitzensteuer auf 50 Prozent, ab einen Jahreseinkommen von 80.000 Euro.
„Monte“, dessen Lifestyle mit Riesen-Villa, S-Klasse und Lamborghini etc. (siehe „Monte Haustour“ auf Youtube) von dem Taschengeld von Kindern finanziert wurde, gibt nun folgende Empfehlung: „Verdienst du 80, kriegst aber nur 40! Also im Hinterkopf behalten: Die Linken nicht wählen!“
Ich dachte, ich höre nicht richtig. Mir fehlen hier echt die Worte und ich will auch nicht ausfallend werden, aber ich sehe hier keinen, der irgendwann einmal im Leben ein hohes unternehmerisches Risiko eingegangen ist, irgendwas erfunden oder erschaffen hat, oder der sich hoch verschuldet hat, weil er um sozial aufzusteigen, ein hohes Kredit für Studiengebühren aufnehmen musste… also ich will damit sagen, der Typ zeichnet sich im Grunde durch nichts aus, außer dass er irgendwann einmal beim Zocken die Kamera angelassen hat, was ihn schließlich reich gemacht hat. Und diese Person spricht nun Wahlempfehlungen an ein Publikum aus, von dem ich bezweifle, dass es auch nur annähernd mündig ist, weder altersmäßig noch intellektuell.
Ich erinnere mich an eine Reaktion aus dem laufendem Chat. Da schrieb jemand (sehr wahrscheinlich jemand sehr junges) „Meine Mutter verdient nur 2000 im Monat. Davon noch die Hälfte abgeben?“
Das ist kein Witz.
Ich weiß das alles noch so genau, weil ich direkt danach einen Freund anschrieb, um mir Luft zu machen. (Nachricht vom 17. April 21 um 0:22 Uhr).
Ich habe spaßeshalber sogar noch ausgerechnet, dass man über 6666 Euro pro Monat verdienen müsste, um auf 80000 Euro im Jahr zu kommen (Hoffentlich blamiere ich mich jetzt nicht). Ich glaube, dass die allermeisten Eltern von MontanaBlack-Fans nicht so viel im Monat verdienen, weil einfach nicht sooo viele Menschen so viel Geld im Monat verdienen.
Ich weiß nicht, ob MontanaBlack ein typischer Influencer ist, wie Wolfgang und Ole diesen Typus definieren, aber hier findet doch eine sehr fragwürdige Einflussnahme statt, die vielleicht mal in einem größeren Rahmen diskutiert werden könnte.
In diesem kleinen Moment konzentrieren sich so viele gesellschaftspolitische Bezüge…
An dem Beispiel sieht man aber auch, dass positiv Botschaften die bessere Wahlkampfmethode sind. Wie Wolfgang auch meinte im Bezug auf linken Hedonismus: Den Leuten erzählen, dass sie am Ende des Monats mehr Geld haben. Beim Energiegeld der Grünen erzählen, dass man am Ende des Monats Geld vom Staat geschenkt bekommt (Statt die 16ct. Benzinpreis zu erwähnen).
Die CDU verpackt ihre Sparmaßnahmen bei Sozialausgaben ja auch immer so vernebelt, dass man das nur mit sprachlichem Skalpell versteht. So müssten linke Politiker mit den Reichensteuern auch mal umgehen, wenn es für linke Politik Mehrheiten geben soll.
Hallo und danke für den tollen Podcast!
Ich finde es sehr wichtig, dass sich auch außerhalb der reinen Influencer-Thematik, die ja vor kurzem sehr toll von Wolfgang&Ole analysiert wurde, mal jemand mit dem Phänomen Twitch und co beschäftigt und die Anknüpfung an das #nofriends-Thema, welches mir vorher noch nicht bekannt war, ist auch sehr passend gelungen.
Habe selbst recht weit zurückliegend am Anfang von Twitch öfters dort reingeschaut, dann während dem Studium praktisch gar nicht mehr und 2020 bin ich mit knapp 30 durch Corona und den damit aufgekommenen Druck, sich nicht länger digitalen Kanälen entziehen zu „sollen“, wieder dort gelandet.
Anfangs habe ich nur ohne Account hier und da mal reingeschaut, nach ein paar Monaten dann einen Account erstellt und selten etwas im Chat geschrieben und noch ein paar Monate später bin ich den ensprechenden Discord-Kanälen beigetreten.
Ich kann das meiste im Podcast Gesagte bestätigen, Streams können (müssen aber nicht) sehr langweilig sein (viele Spiele kann man auch gar nicht wirklich verstehen, wenn man sie nicht selber gespielt hat) – nicht zu Unrecht gibt es extra den Befriff „lurking“ für die Handlungsweise von Leuten, die einen Stream passiv im Hintergrund laufen lassen ohne wirklich zuzuschauen, dafür aber dem/der gemochten Streamer*in eine höhere Zuschauerzahl bescheren. Wenn man dann doch mal zu den aktiven Zuschauer*innen gehört, kann man die Leute, mit denen man im Chat interagieren kann (geschweige denn in einer über das gebetsmühlenartige Wiederholen von Memes hinausgehenden Weise) selbst bei Streams mit bis zu 100 Zuschauer*innen oft immer noch an einer Hand abzählen, während man bei wirklich vielbesuchten Streams andererseits in einer Flut von Chat-Nachrichten untergeht.
Die erwähnten Discord-Server, bleiben damit als primäre sinnvolle Kommunikationsmöglichkeit und ich muss sagen, dass ich jetzt ein Jahr nach Beitritt fast meine gesamte private Kommunikation darüber führe.
Anders als die im Clip vorkommende Streamerin, habe ich keine Freunde verloren, weil ich Twitch Vorrang gegeben hätte – meine beiden losen Freunde, mit denen ich praktisch keine Interessen gemein habe, sehe ich nach wie vor im Schnitt einmal pro Jahr, dafür kann ich jetzt aber rund um die Uhr mit ca 20 Leuten aus aller Welt und aus allen Lebenssituationen über alles mögliche diskutieren.
Das Niveau ist zugegebenerweise nicht sehr hoch und oft fasse ich mir bei Diskussionen an den Kopf, allerdings ist es immer noch besser, als mit niemandem reden zu können und außerdem möchte ich Menschen nicht pauschal geringschätzen und versuche lieber ihnen zu helfen und neue Perspektiven zu geben.
Beispielsweise konnte ich bereits Leute, denen ich aufgrund der Sprachbarriere leider nicht das Original empfehlen kann, für Themen rund um die Filmanalyse interessieren.
Von diesem Einblick abgesehen, wollte ich aber noch auf die Monetarisierungs-Modelle von Streaming-Plattformen eingehen: während ich sagen würde, dass mir eine kleine ausgewählte Gruppe von Leuten, die ich, wie zuvor beschrieben, nur sehr langatmig rein digital kennenlernen konnte, nahe genug steht, um das Wort Freunde zu verwenden, findet geradezu eine großangelegte Korrumpierung von sozialen Grundfunktionen statt, welche auf den üblichen Monetarisierungsmodellen aufbaut und für die gerade wenig gefestigte (d.h. vor allem sehr junge) Leute anfällig sind. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Leute umgerechnet dreistellige Eurobeträge im Vorbeigehen in Streams verteilen, in der Hoffnung innerhalb einer Gemeinde um ein*e Streamer*in dafür Anerkennung zu erhalten (die wirklichen Gründe erfährt man natürlich niemals explizit, aber so viele Möglichkeiten bleiben schließlich nicht). Leider sind auch kleinere Streamer*innen, die dies nur nebenbei zu einem Vollzeit-Job „zum Spaß und um Leute kennenzulernen“ machen (was ich auch lange nicht glauben konnte, aber nach vielen Monaten Beobachtung dann doch für die mir bekannten Fälle als glaubwürdig deklarieren würde) oft in Nachahmungen von überkommerzialisierten Streaming-Aktivitäten gefangen, etwa „Glücksräder“ mit so spannenden Aktivitäten wie (habe ich wirklich gesehen) „für ein Abo esse ich ein Stück Gemüse“. Üblicherweise werden weder die Zuschauer*innen bei den kleineren Streams durch so etwas arm, noch die Streamer*innen reich, die ganze kommerzielle Praxis ist da einfach Fehl am Platz, wird aber trotzdem schlicht ohne Reflektieren übernommen (in der Summe profitiert natürlich primär Twitch, die von kleinen Streamer*innen um die 50% der Einnahmen nehmen).
Die dies weiter forcierenden Methoden („Hypetrains“ etc.) brauche ich hier wohl nicht weiter erläutern, möchte aber unterstreichen, dass dies ganz im Sinne von M. Sandel’s „What money can’t buy“ die Aushöhlung durch Käuflichmachung von dem, was wir bisher Freundschaft nannten, bedeuten könnte… und damit kommen wir dann zurück zu #nofriends und stellen fest, dass das womöglich doch authentisch war.
Zu Rente und Demographie in China:
Da habt ihr eine Verbindung aufgebaut, die so nicht existiert. Die Chinesen wollen die Demographie adressieren aufgrund des projektierten Wirtschaftswachtums.
Die Parallele zur deutschen Demographie und dem hier existierenden Umlagesystem ist aber so nicht gegeben.
In Deutschland wird die GRV seit ihr Inzeption als Umlage aus dem Volkseinkommen betrieben.
Als sich das Volkseinkommen noch maßgeblich in den Löhnen wiederfand wurde die GRV daraus beschickt. Heute findet sich das Volkseinkommen mehr in Kapitaleinkünften und Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und wird daher (immer mehr) über den Bundeshaushalt beschickt.
Dies sind mitlerweile über 100Mrd€/a.
Die Rechnung ist aber seit jeher dieselbe: Versteuertes Volkseinkommen -> Rente.
Gutes Beispiel:
Für Norwegen ist das z.B. vor allem das Einkommen aus dem Ölverkauf und den Kapitaleinkünften aus dem zugehörigen Pensionsfond.
Jedes weitere Kind ist also ein zukünftiger Rentenbezieher, der das Rentenniveau für alle Bezieher _senkt_.
Bleibt noch „Kinder für zukünftiges Wirtschaftswachstum“. Also das was die Chinesen gerade planen. Das ist auf Deutschland nicht übertragbar, denn die Konsumquote ist bis in die hohen Einkommen fast 100%. Ergo: Wenn man mehr Konsum haben will, muss man die Steuern für kleine und mittlere Einkommen senken.
Es bleibt: Ökologisch ist eine niedrige Reproduktionsrate anstrebenswert. Das „demographische Problem“ ist also eher eine ökologische Chance.
Für viele Staaten – wie Deutschland – müssen die Rentner auf das BIP schauen. Und das wird in Zukunft noch mehr
als heute aus Automatisierung erzielt, nicht mit „mehr Menschen“.
Gruß und Danke für den Podcast