Salon

11/2024Andreas Reckwitz VERLUST, Weiter nach Osten, Beraterplan für Deutschland, Tom Krebs, Dario Amodei, Polymarkets, Schleichwege zur Klassik

Soziologie ist nicht einfach, was Soziologen tun. Soziologen können auch anderes machen. Und jeder kann Soziologie betreiben. Wenn aber ein Soziologe ein Buch als Soziologie ausflaggt, ist die Sache klar – denkt man. Andreas Reckwitz‘ Aufklärung zum „Verlust“ ist ein Buch, das vom Verdrängen handelt, obwohl es das nicht möchte, und das das Verrechnen ausspart, obwohl es das nicht sollte. Wir lesen es inspirativ, aber sind ziemlich kritisch. Danach liest Wolfgang aus einem Zug vor, Stefan referiert die Gedankengänge des Anthropic-Chefs. Wir besprechen die „Agenda 2035“ der Chefs der großen Beratungsfirmen, die vorgestern noch naiv schien, morgen aber schon politisches Programm und im Januar Realität sein kann. Zum Schluss heute zwei musische Ausklänge.

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Literatur

  1. Der Soziologe Andreas Reckwitz liefert mit „Verlust. Ein Grundproblem der Moderne“ eine neue Gegenwartsdiagnose. suhrkamp.de
  2. Der schmale, aber gewichtige Roman „Weiter nach Osten“ der französischen Schriftstellerin Maylis de Kerangal erzählt von einem jungen Russen, der zum Militärdienst eingezogen wird, sich dem aber zu entziehen sucht. In der transsibirischen Eisenbahn trifft er auf eine wohlhabende Französin. Aus dem Französischen von Andrea Spingler.
  3. Die Chefs von McKinsey, Boston Consulting und Roland Berger haben einen Plan für Deutschland. Die Regierungskrise macht den Weg offenbar frei. handelsblatt.com
  4. Der Ökonom Tom Krebs analysiert in seinem Buch „Fehldiagnose“, wie noch immer marktliberale Einschätzungen zu falscher Politik führen. Dabei blickt Krebs vor allem auf Reallohnentwicklung und Inflation. westendverlag.de
  5. Dario Amodei, Chef von Anthropic (Claude.AI), hat einen sehr ausführlichen Text voller Zukunftsszenarien geschrieben. Wir lesen, leicht gegruselt. darioamodei.com
  6. Auf der Plattform „Polymarkets“ wird auf alles gewettet, vor allem politische Ereignisse werden immer wichtiger. Francis Northwood erklärt das Phänomen in „The Baffler“. thebaffler.com
  7. Die NYT rätselt, ob die Trump-Wähler doch eher traurig als wütend sind. Covid könnte nachwirken. nytimes.com
  8. Die britische Zeitung Byline Times traut sich, Unaussprechliches weiterzudenken. Was passiert, wenn Trump eskaliert? bylinetimes.com
  9. Bei TikTok gibt es einen neuen Trend, der den perfekten Schlaf verspricht. Daisy Jones zeigt sich in der „Vogue“ skeptisch. vogue.de
  10. Gabriel Yoran hat mit „Schleichwege zur Klassik“ einen Schmöker mit Musik geschrieben. suhrkamp.de
  11. Das Quatuor Modigliani hat – intensiv und präzise interpretiert – ein Streichquartett von Edvard Grieg und eines von Bedřich Smetana eingespielt. spotify.com
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Stefan
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Wolfgang
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Mathias

5 Gedanken zu „Andreas Reckwitz VERLUST, Weiter nach Osten, Beraterplan für Deutschland, Tom Krebs, Dario Amodei, Polymarkets, Schleichwege zur Klassik

  1. Lisa Rosa

    Danke, danke, danke, dass ihr mir wieder ein ärgerliches Buch zu lesen erspart habt, näml den neuen Reckwitz. Eure Kritik daran kann ich gut nachvollziehen. Wir theoriefreundliche Boomer in den Erziehungswissenschaften/Politikwissenschenschaften (später Soziologie) und Philosophie sagten zu sowas: Armchair-Gelaber, nicht fröhliche Wissenschaft, sondern armselige Wissenschaft. Als auch die Bürgerlichen im Wissenschaftsbetrieb dann spätestens in den 80ern davon die Nase voll hatten, machten sie die großartige Erfahrung ihrer 1. Negation damit und erfanden die „empirische Wende“, die sich sofort als empiristische entpuppte, denn auch hier war als Theorierahmen (aka „Konzept“) bloß der (Neo-)Positivismus im Denkraum, denn sowohl Dialektischer Materialismus als auch Luhmanns Theorie sozialer Systeme waren als „Großtheorie“ und angeblich unwissenschaftlich dermaßen abgewertet, dass es für Wissenschaftler zum guten Ton gehörte, sie abzulehen ohne sie zu kennen. Also ohne jemals etwas von Hegel, Marx, Althusser …. Luhmann überhaupt gelesen zu haben.
    Reckwitz kann sich so eine Zumutung als Buch eigentlich nur erlauben, weil er schon eine Marke ist, eben „der neue Reckwitz“, als 1. Buch oder gar als PhD wär das hoffentlich durchgefallen. Aber ich seh schon, die Hoffnung stirbt als letztes, denn tatsächlich ist alles noch viel schlimmer

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  2. Dani

    Richtig gruselig, Amodeis Visionen. In einer 1991 Blase kann man da vllt noch zufriedene Konsumenten sehen. In jeder anderen Welt Bedarfs-Soldaten, Arbeiter mit ferngesteuerter Leistungsfähigkeit oder Schlimmeres. Er gehört wohl zu denen, die entrückt sind und – leider – mit Macht ausgestattet.

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  3. KernelDump3000

    Hallo, vor kurzem erschien eine sehr hörenswerte fünfteilige Podcast-Doku zum Thema KI:

    „Maschinensturm – KI und Wir“ — von Mathias Greffrath und Tom Schimmeck

    https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/tiefenblick/tiefenblick-ki-und-wir-100.html oder
    https://www.ardaudiothek.de/sendung/wdr-5-tiefenblick/35846896/

    Darin werden die richtigen™ Fragen gestellt: z. B. Warum die KI-Hersteller aus dem libertären Silicon-Valley angeblich für alle eine Nutzung ihrer KIs bereitstellen, wenn man doch nur durch künstliche Verknappung (Medikamente, neueste Computerchips, etc.) superreich werden kann? AlphaFold1 war noch zum Wohle aller Menschen frei zugänglich, AlphaFold2 nur noch bedingt und mit AlphaFold3 wurde eine Unternehmung in Kooperation mit tradierten Pharmakonzernen gegründet, damit ja niemand auf den Gedanken kommen kann mit einer Einmalbehandlung gesund zu werden. Nein, man soll gefälligst nur die Medikamente erhalten, bei denen man ein Leben lang blechen muss – That’s Capitalism, Baby!

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  4. Rolf Randy

    Der Plan ist ganz klar: Deutschland wird am Rande dauerhaft zusammen mit russischen Ressourcen als Bedrohung wahrgenommen, und dies, unter französischer Billigung, stellt eine Gefahr für das gegenwärtige Weltgefüge dar, das auf komparativen Vorteilen und sehr ausgeklügelten Produktionsketten basiert, die wiederum auf Leitwährungen, Öl und Flugzeugträgern beruhen.

    Amerika geht gegen jedes Machtvakuum auf der Welt vor und füllt es. Doch seit Covid ist das durch den US-Währungswaps stabilisierte System ins Wanken geraten. Wirtschaftlich und humanitär haben vor allem Russland und Afrika darunter gelitten. Nun möchte man China stabilisieren, doch das birgt große Risiken. Wir sollten uns jedoch auf unsere Haustür konzentrieren. Ich denke, die Ukraine spielt eine Rolle, aber der Nahe Osten ist zu weit entfernt. Um es für alle ein wenig erträglicher zu machen, sollte Deutschland nicht zu sehr leiden – zwar kann die Welt nicht an der BRD genesen, aber es könnte deutlich schlechter werden, wenn es Deutschland schlechter geht. Ich meine, die Anti-Covid-Impfung kam ja auch aus deutschen Laboren und hat sicherlich Schaden angerichtet, aber in der Abwägung hat sie vermutlich ein globales Systemzusammenbrechen verhindert.

    Ein kaputtes System ist immer noch besser als keines. Das denke ich auch immer, wenn ich Döpfer-Interviews mit Alex Karp sehe.

    Ganz klar, die Trump-Administration wollte wahrscheinlich wegen George Friedman kein Nordstream. Spieltheoretisch wollte man sich auch nicht von Russland in Schach halten lassen, indem man ankündigte, dass Bundesbürger nicht mehr heizen können oder BASF ihre weltweiten Produktionsketten nicht mehr aufrechterhalten kann. Man hat sich dann strategisch entschieden, mit Hilfe ukrainischer und internationaler Spezialisten Russlands „Läufer“ metaphorisch aus der Hand zu schlagen und die Pipeline zu schließen.

    Olaf, der Narr, ist seit den 90ern eine Zielscheibe vom ehemaligen CDU-Vorsitzenden Michel Friedman. Wie die Sendung Philosophisches Quartett erinnere ich mich auch an das Format Auf ein Wort, das ich vor über 20 Jahren gesehen habe. Da hat Friedman den Hamburger Bürgermeisterkandidaten Scholz – wie jetzt von Habeck bekannt – fast zum Weinen gebracht.

    Was einigen nicht klar ist: Scholz ist wie Gutenberg, nur jemand mit einem juristischen Examen. Aber im Vergleich zu anderen Juristen, wie Friedman, die später in anderen Fächern promovierten, vier Sprachen ohne Akzent sprechen und ist sehr gut in Mathematik sind, ist Scholz vergleichsweise hingegen ein Narr hat nicht den Habitus und die Fähigkeiten, ihm droht im Sheldon-Copper-Stil von anderen Strategrn fertiggemacht zu werden.
    Wie jemand wie Scholz in ihren Stand treten wollte, ist bestimmt auch vielen in der Liga ein Rätsel.

    Meine Einschätzung ist, dass Friedman Scholz seit ein paar Jahren einfach beobachtet und die Entwicklungen in der SPD verfolgt. Er nimmt nichts voll und will sicher nicht noch mal 50 Familienmitglieder durch eine Katastrophe verlieren. Wie viel Einfluss er als Individuum medial oder in „Freundeskreisen“ hat, weiß ich nicht wirklich.

    Mir gefällt die durchsichtige politische Entwicklung insgesamt nicht. Ob Schmierentheater oder Shitshow.

    Selbst Trump ist durch eine vorherige Amtszeit nicht mehr unberechenbar, auch sein Conziliere Musk nicht..
    wenn die von der Persönlichkeit einfach im MBTI Test ein T aufweisen.

    Die Sowjets oder Russen hatten bisher immer die besseren ballistischen Raketen in der Berechnung. Doch Musk hat das durchbrochen. Die Raketen, die rückwärts landen können, sind jetzt genauso präzise wie die russischen. Mals ganz zu schweigen von Starlink künftig Datenpipelines/Unterseekabel unnötig macht..Dual Use surfzieht da alles, nur so Gefankenspiele Tesla könnte durch seine Fahrende Rechner Amazon als weltweiten Cloud-Anbieter mal so kurz überflügeln wenn man alle Teslas schnell updated sind sehr krass.

    Man versteht den Krieg mit ukrainischen 3D-gedruckten Drohnen, die von Starlink oder in Ketten verbunden sind und eine RPG über einen russischen Panzer zünden – komischerweise gibt es dafür keine historische Analogie. Nur dass die Russen das nun auch können und der deutsche Leo gegen eine russische Alibaba-Drohne mit Gaffa-Tape montiertem RPG und Starlink einfach nur ein Stahlsarg ist. Demnis Hasabis ist hier der Gegenkandidat, der könnte mit seiner KI und Proteinfaltung mal schnell ganz andere Materialien erschaffen, die die Welt verändern

    Jedenfalls Russland hat es aber durch Atomdrohungen geschafft, zu verhindern, dass viele Soldaten, wie in einem Dunkirk-Manöver, gerettet werden. Der Krieg wurde wieder aufgenommen, und mit Interkontinentalraketen gegen die Iranaktion hat Russland Stärke gezeigt.

    Ich gehe einfach davon aus, dass das Endgame für die USA und Frankreich darin besteht, sich das Uran aus Russland zu sichern, egal wie. Auch die seltenen Neongase sind wichtig, damit TSMC in Taiwan oder irgendwo anders Chips mit Laserätzen kann.

    Russland muss definitiv fallen. Wir brauchen in jedem Fall Energie und Chips, um weiterhin existieren zu können. Das ist nicht abstreitbar.

    Ich möchte in jedem Fall betonen, dass diese „Shitshow“ viele einfach nur nervt – mich auch. Und irgendwie erinnert mich das an Harald Schmidt, der seine Verträge mit Haim Saban ausgehandelt hat. Sloterdijk, glaube ich, hat auch keinen Bock auf Macron.

    Wenn jemand überhaupt ein Gegengift gegen das „Irmgard-Susanne-Karnevalnummer“ mit Fritz aus dem Sauerland hat, die uns bevorsteht, dann ist es jemand bei den Großen dieser Generation. Ich habe weder Bock auf Disneyland für Oma Erna noch auf die „Traumschiff“-Geschichte.

    Auch mit Kynismus oder Zynismus ertrage ich das nicht, weil ich Kinder habe, die mal studieren sollen, es gut haben sollen. Ich will das nicht auf eine musikalische Grundausbildung beschränken, die dann alles in LLMs eingegeben wird, während wir hier nicht mal günstige Energie dazu haben. Die Lebenskosten sind allein dieses Jahr um 200 Euro gestiegen. Was meint ihr, was brauchen wir für unsere Kids und wie können wir es ihnen aus der Tasche ziehen oder unter dem Stuhl wegschnappen?

    Wir können einfach nicht mehr kürzer arbeiten, länger studieren und alles damit lösen. Wo sollen wir das hernehmen? Und wenn wir Zuwanderung brauchen, müssen auch Wohnungen gebaut werden. Sonst bezahlen das die unteren Schichten auf dem Mietmarkt – ganz einfach mit einem geringeren Lebensmittelbudget.

    Trudeau in Kanada merkt das gerade. Ich denke, die Wahrheit ist im Moment das Wichtigste. Die müssen wir aus den elitären Netzwerken herausbekommen und neu ordnen. Oder wie bekommt man wieder drei Kinder im Durchschnitt hin und ein Studium, wenn der Nachwuchs will? Oder auskommen mit zwei Kindern und einem Haushalt, bei dem es nur 1,5 Stellen gibt, bevor irgendjemand wehrtüchtig wird?

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