Salon

04/2021Futureproof, Working Class, Triage, RNA-Wunder, Klima-Versagen, Satan Shoes

Würde man das Buch „Arbeiterklasse“ nennen, hätte wohl niemand Lust es zu lesen. Also hat sich Julia Friedrichs für „Working Class“ entschieden. Es ist aber ein Buch für alle. Die einen sollen sich wiedererkennen und bemerken, sie sind nicht allein. Die anderen sollen sich wundern, was alles möglich ist in einer zerfallenden Gesellschaft. Die eine Hälfte hat nichts, oder Schulden. Die andere Hälfte hat genug bis viel zu viel.

Kevin Roose widmet sich auch dem Thema Arbeit. Allerdings droht bei ihm erstmal noch nicht die Armut, dafür die Automatisierung. Früher wurde outgesourced, heute wird gleich wegrationalisiert. Es sei denn, man stemmt sich dagegen. Roose versteht seinen Text auch als Ratgeber.

Wir sprechen außerdem nochmal über RNA-Impftechnologie, heute aber abseits der Corona-Prävention. Und wir besprechen „Triage“, das alte Konzept nochmal neu aufgezogen und ethisch diskutiert. Denn Covid-19 brachte neue Fragestellungen mit, um die auch der dt. Ethikrat bislang einen Bogen machte.

Komm’ in den Salon. Es gibt ihn via Webplayer & RSS-Feed (zum Hören im Podcatcher deiner Wahl). Wenn du Salon-Stürmer bist, lade weitere Hörer von der Gästeliste ein.

Literatur

    1. Kevin Roose hat einen Ratgeber gegen das Wetautomatisieren von Berufen geschrieben. „Futureproof“ ist ein Buch für Suboptimisten, die mit der Technologie leben lernen wollen
    2. Nicht Arbeiterklasse, nicht Unterschicht, sondern „Working Class“ nennt Julia Friedrichs ihr Buch mit den Schicksalen der halben Bevölkerung, die nicht erbt, sondern arbeitet
    3. Darf man jüngere Patienten älteren vorziehen? Was bedeutet eigentlich Triage? Adriano Mannino hat ein sensationelles Buch geschrieben, es ist ein Ethik-Kompass in pandemischen Zeiten: „Wen rette ich – und wenn ja, wie viele? Über Triage und Verteilungsgerechtigkeit
    4. Texte über RNA-Impftechnologie bei HIV, Multiple Sklerose & zur RNA lipoplex. Außerdem lesenswert: Derek Thompson: „How mRNA Technology Could Change the World“ und Elie Dolgin: „How COVID unlocked the power of RNA vaccines
    5. Nach dem Erfolg von TikTok reagierte Instagram mit Reels auf den Kurzvideo-Trend, noch einmal gab es damit auf der Plattform für Influencer und Unternehmen Neuland zu gewinnen, schreibt Martin Gardt: „Instagram Reels – Wie das Format Influencern und Brands Riesen-Reichweiten beschert
    6. Stefan Schultz hat im Spiegel 100 Fehler und Versäumnisse der Bundesregierung in der Klimapolitik aufgezählt. Es ist offenbar alles Absicht…
    7. Meinungen und Informationen – nicht Wissen – sind entscheidend für den digitalen Kapitalismus. Es geht nicht mehr um Begründungen, um Intellekt oder Klugheit, erklärt Joseph Vogl in seiner Analyse „Kapital und Ressentiment“, sondern sowohl durch die Sozialen Medien als auch durch die Finanzmärkte entsteht eine vorkriegsähnliche Stimmung des Hasses
    8. Adam Tooze blickt auf die Karrieren von Janet Yellen und Mario Draghi zurück und beschreibt ihre nun letzten große Arbeitsaufträge als Finanzministerin und Regierungschef
    9. Die Macht der privaten Ratingagenturen ist ungebrochen und im höchsten Maße undemokratisch. Jayati Gosh plädiert für eine öffentliche Ratingagentur. „Treffen sich drei Machtprotze
    10. Nike klagt gegen das Kunstkollektiv MSCHF. Grund sind die umstrittenen „Satan Shoes„, eine Kooperation mit dem Rapper Lil‘ Nas X
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Wolfgang
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Stefan
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Mathias

4 Gedanken zu „Futureproof, Working Class, Triage, RNA-Wunder, Klima-Versagen, Satan Shoes

  1. Samuel Flath

    @Stefan trotz laufendem Masterstudium für angewandte Mathematik habe ich Excel bisher
    noch nicht zum rechnen nutzen müssen, es gab im Bachelor zwei Wahlfächer (die ich nicht gemacht habe), die es benutzt haben,
    im Master wird Excel höchstens benutzt um Tabellen
    aus dem Internet zu öffnen und diese dann in der Programmiersprache unserer Wahl zu verarbeiten.

    Danke für eure Buchempfehlungen und die Autorentipps.

    Für mich (Student) hat sich die Lockdownsituation nur einmal, nämlich Januar 2021 geändert, weil damals beschlossen wurde auch
    mündliche Prüfungen mit Masken möglichst zu vermeiden und ins Homeoffice zu verlagern.
    Meinen Professor für dynamische Systeme hab ich einmal,
    zur Prüfung, im Monitor gesehen und er hat dort dann auch mal meine Stimme vernommen.
    Im Sommer 2020 gab es noch mündliche Prüfungen mit Masken in der Hochschule.
    Im November 2020 auf der örtlichen Onlinejobmesse haben die lokalen Unternehmen mir empfohlen in einem Jahr nochmal zu kommen.
    Kurz die Lockdowndebatten aktuell tangieren mich nur indirekt, weil ich schon maximalen Beschränkungen unterliege.
    Gegen den Tod aus Langeweile ist dieser Podcast ein verlässlicher Anker und die Buchempfehlungen helfen. DANKE

    Antworten
  2. Jannik

    Hey @Samuel Flath,

    ich habe Informatik studiert und arbeite viel mit Daten und auch wenn ich nicht sagen, dass meine Arbeit stark von Excel abhängt, ist es für manche schnellen Verarbeitungen manchmal einfach das beste und einfachste Tool. Außerdem kenne ich viele Leute, die in anderen nicht-IT Abteilungen arbeiten, deren Business merklich von Excel abhängt.

    Viele Grüße
    Jannik

    Antworten
  3. Jannik

    Noch kurz was zu Working Class und Musikern:

    Dort herrscht eine starke Hegemonie, aber selbst die Musikerfamilienkinder haben nun oft Probleme.
    Eine sehr gute Freundin von mir ist Geigerin. Ihr Vater war Celist in einem großen deutschen Orchester, Mutter Organistin. Die Instrumentkosten sind genau wie beschrieben, 5-stellig aufwärts. Reparaturen kommen noch on-top. Sie studierte also Musik bis zum Master, spielte bei Opern mit Zeitverträgen und hangelte sich von Konzert zu Konzert. So war das Leben (abseits der Instrumentkosten) ganz gut finanzierbar. Mit Corona natürlich alles weggebrochen. Nun komplett von den Eltern abhängig. Das wird viele „Aufsteiger-Musiker“ Existenzen vernichtet haben. Sie regt sich über viele ihrer jungen Kollegen auf, die gar keine Scham haben auf das große Kapital ihrer Eltern zurückzugreifen (und denken, so könne das doch jeder tun). Noch viel mehr regt sie sich über die älteren Musiker mit Festverträgen in den öffentlich-rechtlichen Orchestren auf, die gar kein Gefühl für die schlechten Verhältnisse haben und sich entsprechend süffisant zeigen.
    Gleichzeitig zerstören viele Musiker ihre Körper dabei, immer bessere Performances hinzulegen und immer mehr zu proben und zu üben. Was bei Office-Workern der RSI (repetitive strain injury) der Hände ist, ist bei Orchestermusikern der Bandscheibenvorfall. Ein, zwei, drei kann man da schon mal in der Karriere haben. Wenn das vor der Festanstellung passiert ist das entsprechend heikel.

    Und hier ist die Chance auf die Festanstellung oft vom Vitamin-B, vom Feeling zwischen Musikern abhängig. Klar muss man auch ein gewisses Talent vorweisen, doch am Ende hängt viel davon ab, ob man einfach symphatisch ist.

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