Salon

08/2024Unhaltbarkeit, Opfernationalismus, Das Loch, Bundesjugendkuratorium, Ezra Klein, AI Clickworker, MAGA Bitcoin

Unhaltbarkeit ist ein prägnantes Wort, weitaus treffender als ’nachhaltig‘. Ingolfur Blühdorn hat sich für diese Variante von Haltlosigkeit entschieden, um der Klimapolitik und ihrer Kritik ein Mindesthaltbarkeitsdatum zu attestieren. Dieses ist nun überschritten. Im Aktiv fehlt das Subjekt, das dafür verantwortlich ist. Doch neben der Nachhaltigkeit hat auch das Subjekt keinen Halt mehr. Blühdorn sortiert also manche Grundbegriffe aus, führt neue in die Diskussion ein und verteilt Verantwortung. Die Politik hat das Klima in den Abgrund gestoßen, aber die Klimaschützer standen als Komplizen daneben. Stefan findet die Aussagen des Buchs relativ unhaltbar. Wolfgang betrachtet es als nützliche Lektüre. Wohin die Diskussion führt, bleibt beiden jedoch unklar. Die ’nächste Gesellschaft‘ wird als Grundbegriff genannt, bleibt aber unbestimmt. Im Anschluss besprechen wir Literatur aus Japan, den Opfernationalismus, die Personalie J.D. Vance, die erste Klageschrift des Bundesjugendkuratoriums und Weiteres.

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Literatur

  1. Unterminiert die Demokratie sich selbst? Hat sich das ökologisch-emanzipatorische Projekt überlebt? Wir sprechen über Ingolfur Blühdorns Buch “Unhaltbarkeit. Auf dem Weg in eine andere Moderne”: suhrkamp.de
  2. Der koreanische Historiker Jie-Hyun Lim schreibt in seinem Buch “Opfernationalismus. Erinnerung und Herrschaft in der postkolonialen Welt” (aus dem Englischen von Utku Mogultay) über transnationale Erinnerungskultur an Holocaust und Kolonialismus. Wo ist ein Vergleich sinnvoll? Wo fängt die Relativierung an? wagenbach.de
  3. Das Bundesjugendkuratorium ist von der Bundesregierung beauftragt, etwas zu den jüngeren Nichtwählern zu sagen. Das Gremium wählt deutliche Worte: bundesjugendkuratorium.de
  4. Die japanische Schriftstellerin Hiroko Oyamada legt mit “Das Loch” (übersetzt von Nora Bierich) einen surrealen Roman vor, der von einer Frau handelt, die mit ihrem Mann in die Nähe ihrer Schwiegereltern aufs Land zieht. Dort fällt sie buchstäblich in ein Loch und begegnet einem eigenartigen Tier. rowohlt.de
  5. Ezra Klein hatte sehr deutliche Argumente gegen Joe Biden im Präsidentenwahlkampf. Nun schreibt er gute Ideen für Harris’ Wahlkampf auf: nytimes.com
  6. Die KIs funktionieren so gut, weil Menschen für sie arbeiten. Über diese Form der Ausbeutung spricht die Forscherin Milagros Miceli: netzpolitik.org
  7. Vor mehr als zwei Jahren porträtierte James Pogue in Vanity Fair das neue rechte Milieu um JD Vance. Wir lassen Claude die Argumente sammeln und lesen gegenwärtig: vanityfair.com
  8. Donald Trump wütete einst gegen den Bitcoin, jetzt verspricht er, unter seiner Präsidentschaft werde Amerika zu einer Krypto-Nation werden. Die “Financial Times” analysiert: ft.com
  9. Wenn das Leben anspruchsvoll wird, muss man sein Handeln optimieren. Was beruflich schon Alltag ist, wird nun auch Lebensübung in Ehen. Man optimiert sie mit technischer Hilfe: sfstandard.com
  10. Ukrainische Männer versuchen, aus ihrem Land zu fliehen. Der Grenzschutz schießt nun mitunter auf die eigenen Leute, wie der “Spiegel” berichtet: spiegel.de
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Stefan
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Wolfgang
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Mathias

7 Gedanken zu „Unhaltbarkeit, Opfernationalismus, Das Loch, Bundesjugendkuratorium, Ezra Klein, AI Clickworker, MAGA Bitcoin

  1. Micha

    Die Selbstbestimmung hat doch nicht in sich einen Widerspruch und damit zur Folge dass das Ego über der Verantwortung steht.

    Also der aufgemachte Widerspruch/ das Dilemma liegt nicht in der Selbstbestimmung, sondern in dem „falschen“ Autonomiebegriff.

    Ich verstehe auch nicht ganz wie die Tatsache, dass wir uns an die Apokalypse gewöhnen werden einen argumentativen Wert hat in der Diskussion zur Wertung zb der letzten Generation.

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  2. mak the mint man

    Wolfgang meinte irg wo, dass das, was Ingolfur Blühdorn da geschrieben hat ja sowas wie Luhmann sei und ich denke dass das eine Fehleinschätzung ist. Bei all dem, was Wolfgang gesagt hatte, dachte ich: Er meint Habermas. Luhmanns Werk lese ich – zumindest was ich gelesen habe – viel … fast schon zynischer oder ernüchternd. Die Beispiele in zB. der Einführung von Walter Reese-Schäfer sind oft genug nach dem Motto, dass Themen in der Gesellschaft nie als solche erscheinen, wie sie „in Wahrheit“ sind, sondern als Kodierung: Ökologie kommt nie als Ökologie vor, sondern als Alarmismus, als Machtfrage, als Profi, als ….
    Habermas scheint mir wesentlich mehr der Diskursrevolutionär zu sein, der Politik in die richtige Richtung lenken will. Im Gegensatz dazu steht in der Einführung, plädiert Luhmann in die Einübung der Beobachtung 2. Ordnung. Also noch ein Schritt zurück gehen und mehr beobachten, weniger handeln

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  3. nyf

    Ich bin im Laufe der Diskussion über „Unhaltbarkeit“ und den „ausgeuferten“ Individualismus immer wieder zum Neoliberalismus (Auch wenn dieser so oft buzzword-artig genutzt wird) gekommen, der ja zu großen Teilen keine reine Wirtschaftstheorie /-philosophie o.ä. ist. Vor allem Hayek war davon überzeugt das ganze Leben, die Evolution, lasse sich durch „den Markt“ / „Marktprozesse“ erklären, worin Unwissenheit (alle kümmern sich um sich selbst, da niemand irgendetwas wissen könne) zur Tugend wird. Sophie-Marie Aß hat das wunderbar hier in kürze beschrieben: https://politischeoekonomie.com/hayek-und-die-irrationale-rationalitaet-des-neoliberalismus/. Mir scheint, dass sich, durch die, über die Jahrzehnte vor allem durch die Vielzahl der Denkfabriken vorangetriebene neoliberale Hegemonie, dieses Denken bei einem Großteil der Menschen bewusst/ unbewusst fest gesetzt hat. Demnach ist nicht nur die Marktwirtschaft nicht steuerbar, sondern das ganze Leben und alle müssen sehen wo sie bleiben. Das wäre für mich zumindest noch ein Teil der Erklärung

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  4. Jan Friderici

    Zum Klima und Ingolfur Blühdorns Buch ,

    wir haben die 1,5 Grad bereits erreicht – die Letzte Generation war die letzte die dagegen protestiert hat weil das Ziel schon längst passe ist. Bei 50 Grad geht es nicht um nicht wollen oder anpassen sondern um das nicht *können*. Auf Dauer sterben die meisten Säugetiere da einfach – und wir sind welche und Landwirtschaft ist damit auch Geschichte.

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