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Wir lesen06/2021#IchbinHanna, Laschets Laden, Armut & Reichtum, Indiens Modi, Biontech in Taiwan

Das CDU Wahlprogramm ist da. Es steht nichts drin. Wir reden fast nicht drüber. Wir reden aber über Armin Laschet, den Kanzlerkandidaten der „Bares für Rares“-Zuschauer. Bloß keine Überraschungen und achtet auf die Inflation! Wir gucken aber viel in den Bundestag. Dort wurde über Armut und Reichtum gesprochen, alte Hasen wurden verabschiedet und die FDP wollte die Vermögenssteuer abschaffen, hat sich dabei aber fast doppelt ins eigene Knie geschossen.

Der Rest spielt sich im Pazifik ab. Wir schauen nach Indien, wo Modi sich als Yoga-Guru versteht und wir lernen, dass das sogar Hitler schon versuchte. Das Land ist im Aufbruch, aber es sind noch keine Wege gefunden. Australien verwandelt sich derweil in ein Corona-Gefängnis, dass sogar Australier aus-, bzw. einsperrt. Und wir machen uns Gedanken über Taiwan. Dort hat man Biontech-Impfungen bestellt, aber Moderna bekommen. Das ist in der Sache egal, doch dahinter spielte sich wohl ein großes politisches Drama ab.

Das Drama um #IchbinHanna, das Opfer der Befristungsketten in der Wissenschaft, besprechen wir zu Beginn. Wir kennen es ein wenig aus eigener Anschauung. Die Perspektiven der anderen, insbesondere via Twitter, sind bestürzend. Auch dazu nichts im CDU Programm.

Komm’ in den Salon. Es gibt ihn via Webplayer & RSS-Feed (zum Hören im Podcatcher deiner Wahl). Wenn du Salon-Stürmer bist, lade weitere Hörer von der Gästeliste ein.

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Wolfgang
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Stefan
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Mathias

11 Gedanken zu „#IchbinHanna, Laschets Laden, Armut & Reichtum, Indiens Modi, Biontech in Taiwan

  1. 21st Century Boy

    Die Sache bei „Bares für Rares“ ist die, dass die Käufer ja Händler sind, also den jeweiligen Gegenstand nicht für sich kaufen, sondern, um ihn wieder mit Gewinn für sich verkaufen wollen. Hier wird also die Wertsteigerung quasi zweimal vollzogen, für den, der es anschleppt ist es ein Gewinn, und für diejenigen, die ihm den Gewinn ermöglichen, wird es vorraussichtlich ebenfalls einen Gewinn abwerfen. Die beliebte Win-Win-Situation und zwar auch noch in der Kette dargeboten. Und die ist auch noch nicht beendet. Denn auch die Käufer, die dann von den Händlern kaufen, können dieser Erzählung nach ja in ein paar Jahren denselben Krempel wieder anschleppen und dann geht das Gewinn-Gewinne nochmal nach demselben Schema vonstatten.

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  2. 21st Century Boy

    zu #IchbinHanna

    Der Vergleich zu Drogengangs ist vielleicht für alle mit Ansage produzierten Verlierer des akademischen Systems irgendwie wie von lindernder Ironie, um aber ein gut abbildendes Gleichnis zu bekommen, sollte man es vielleicht auf allgemein bekanntere Strukturen vergleichend übertragen. Vielleicht auf das geliebte „goldene Handwerk“, wie würde dies aussehen, wenn akademische Erfordernisse und Gegebenheiten darauf übertragen werden würden.

    Zu Anfang noch recht ähnlich. Innerhalb einer Regelstudienzeit hat man die Qualifikation zum Gesellen zu absolvieren. Allerdings müsste man sich die Lehre unter den erschwerten Bedingungen vorstellen, so dass alle halbe Jahre mehrere Prüfungen abzulegen sind. Und das Scheitern in einer solchen Prüfung kann unter Umständen schon das vorzeitige Aus bedeuten
    Danach haben wir also einen Gesellen. Der Geselle kann im Handwerk nun sein Leben lang als Geselle arbeiten. Aber nun, in unserem Vergleich eben nicht. Er darf die nächste Regelstudienzeit lang als Geselle arbeiten, sagen wir die nächsten 6 Jahre, wird dabei allerdings nicht nur schlecht bezahlt, sondern bekommt allenfalls eine Aufwandsentschädigung, und muss sich verpflichten neben der fast unbezahlten Vollzeitarbeit, in den nächsten 6 Jahren nichts weiter als die Meisterprüfung abzulegen. Gelingt dies nicht, ist es vorbei, und er kann nie mehr auch nur als Geselle arbeiten. Gelingt es, ist die Odyssee noch lange nicht vorbei. Er darf wieder für 6 Jahre als Geselle arbeiten, diesmal vielleicht in einer halb bezahlten Vollzeitstelle, muss diesmal aber die Lehrmeisterprüfung ablegen, also die „Lehrbefugnis nachweisen“, wie es in akademischen Kreisen so schön heißt. Nehmen wir an, auch das klappt. Dann aber ist die Odyssee noch lange nicht vorbei. Er darf jetzt in einer dreiviertel bezahlten Vollzeitstelle arbeiten, aber immer nur auf zwei Jahre befristet. Eine offizielle Zusatzaufgabe gibt es dann nicht mehr, aber es wird freiwillig erbrachte unbedingt und fortwährend von ihm erwartet. Er schreibt also in seiner Freizeit ein Lehrbuch nach dem anderen. Wir gehen vom größtmöglichen Glück aus, dass die Befristung also 8 – 12 mal verlängert wurde. Dann als krönender Abschluss bekommt er endlich eine unbefristete Stelle, und endlich eine gut bezahlte (teilweise sogar sehr gut bezahlte) und dann darf er endlich bis ans Ende seiner Lebensarbeitszeit als Geselle arbeiten (und Meister, und Lehrmeister, und Lehrbuchautor).

    Na, jemand Lust?

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  3. 21st Century Boy

    Kochsendungen sind in der Tat sehr interessant. Wäre auch lohnend, sich das mal genauer anzuschauen. Wie wär’s, Wolfgang? Vielleicht hat Ole auch wieder Lust, mitzumachen. Und vielleicht springt ein Büchlein heraus: „Die Ideologie der Kochlappen“, oder so ähnlich. 🙂

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  4. Ben

    Suche die bzw eine quelle für die info dass es in indien 11.000 Berufsschulen gibt und in china 500.000. Dankesehr

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  5. David

    Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, einen Kommentar zu Anna Lena Baerbocks Lebenslauf von mir zu recyclen:

    „Schockierend – Anna Lena Baerbock hält sich an Tipps, die ALG2 Bezieher alle 3 Monate im Trainingsprogramm „erfolgreich Bewerbungen schreiben“ eingetrichtert bekommen. Diese Versuche Empörung zu generieren sind so albern.“
    Es ist ja bei weitem nicht so, als wäre die Akademia der einzige Bereich, in dem man dazu angehalten wird seinen Lebenslauf zu frisieren. Wie viele Deutsche zum Beispiel sprechen Englisch verhandlungssicher, verstehen aber keine englischsprachigen Podcasts? Und jede Personalerin weiß das auch.

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  6. Kalle

    Danke für das Segment zu #IchBinHanna. Ich habe das, genau wie Stefan, erst verspätet mitbekommen, kann aber nur der Soziologin beipflichten, die Wolfgang zitiert hat. Dieses Video und und die Reaktion von Anja Karliczek im Bundestag haben mich so wütend gemacht, dass ich ganz erstaunt war, wie viele Leute überhaupt die Worte gefunden haben, um sich auf Twitter zu der Thematik zu äußern. Ich selbst arbeite seit über 4 Jahren auf einer 50% Stelle in einem kliniknahen Institut in der epidemiologischen Forschung, natürlich aber zu >100% der Zeit, wie sollte es auch anders sein, ich bin Doktorand. Meine Arbeitsgruppe ist fast komplett drittmittelfinanziert, also sind wir nicht direkt vom WissZeitVG betroffen, weil es von Anfang an nie Geld gab, um Mitarbeiter:innen über Hausmittel einzustellen. Selbst der Prof ist erst vor kurzem, nach 10 Jahren Arbeit bis zur Selbstaufgabe entfristet wurden. Die wichtigsten Mitarbeiter:innen, allesamt absolute Expert:innen, haben jeweils nur Verträge von 6 Monaten bis 1 Jahr. Diese „Freiheit“ wird dadurch erkauft, dass drei oder vier der erfahrensten Mitarbeiter:innen (wir sind ingesamt 9) das halbe Jahr damit zubringen, Projektanträge für die Drittmitteleinwerbung zu schreiben. Die Arbeitsbelastung dadurch ist absurd hoch (6-7 Tage die Woche 10-12 Stunden täglich, Urlaub führt nur dazu, dass sich die Arbeit aufstaut). Besonders, wenn die zeitliche Bindung aller sich für ein Projekt bewerbenden Arbeitsgruppen bedacht wird, sind die zur Verfügung gestellten Mittel oft ein Witz. Sprich, der Berwerbungsprozess verbrennt in den individuellen Arbeitsgruppen mehr Geld, als am Ende ausgeschüttet wird. Dabei ist zusätzlich zu bedenken, dass die Mittel eines Forschungsprojektes nicht frei verwendet werden dürfen, sondern, dass in der Regel nur 0.5-1 Wissenschaftlerstellen (E13) für vielleicht 1-2 Jahre aus diesen Geldern finanziert werden dürfen. Der Rest ist für Messungen etc. auszugeben. Besonders bitter ist das, weil sich nicht nur eine Arbeitsgruppe individuell bewirbt, sondern mit Partnergruppen. Dann dürfen diese die wenigen Personalgelder untereinander aufteilen. Das bedeutet also, dass pro Arbeitsgruppe, die sich auf einen Antrag bewerben, mindestens eine Professor:in plus mehrere voll bezahlte, erfahrene Wissenschaftler:innen mehrere Wochen mit dem Schreiben eines Antrages beschäftigt sind, um Geld für 0.5 bis vielleicht eine Wissenschaftle:innenrstelle einzuwerben. Die Erfolgsquote bei Anträgen in unserem Bereich pro Antrag beträgt vielleicht 5-10%. Das restliche Jahr geht dann dafür drauf, versprochene Meilensteine dieser diversen Projekte zu erfüllen und natürlich die Lehre. Manche Leute kommen mit dieser gelebten Wissenschaft klar, ich kann es nicht. Der Level an Zynismus, Überarbeitung bis hin zur Depression ist selbst in unserer kleinen AG hoch. Meine Erfahrungen an der Uni haben dazu geführt, dass ich diese einfach so schnell wie möglich hinter mir lassen will. Das ist also von Anja Karliczek’s Perspektive eine Erfolgsgeschichte. Alle nachkommenden jüngeren Student:innen tun mir einfach nur Leid, dass die diese Tortur noch vor sich haben.

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  7. Jannik

    Zum Thema „verdeckte Armut“:

    Stefan bringt oft die hohe Armutsquote im Alter in Korea an, aber auch in Japan gibt es eine deutliche Altersarmut. Dort ist es vor allem die Scham sowie das „man darf der Gesellschaft nicht zur Last fallen“. Es gibt in Japan allerdings viele Möglichkeiten seine Armut, vor allem in der Rente, zu verdecken. So kann man kostengünstig die Nacht in „night cafés“ oder „capsule hotels“ verbringen, und sich Alltagsgegenstände in 100 Yen Stores beschaffen.

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  8. Chris

    Die kahle Sängerin.
    Man fühlt sich zurückversetzt an den gemeinsamen Esstisch wenn die Tante mit Gatten zu Besuch ist.
    Weihnachten wieder. 😀
    dank euch bleibt so

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  9. Jannik

    Zum Argument von Greta, dass man zuerst alle Risk-Groups der Welt impfen sollte, bevor man junge Menschen vor Ort impft, welches Wolfgang zurecht zurückweist, hat auch Graeber in Bullshit Jobs etwas geschrieben (ich hatte gehofft, dass einer von euch zwei sich daran erinnert, da ihr es ja beide gelesen habt):

    Bullshit Jobs (Graeber, David) on page 213:

    „Man kann es als »Rechteverhöhnung« bezeichnen. Diese gibt es in vielen Formen und Ausprägungen. Die rechtsgerichtete Version verurteilt andere, weil sie glauben, die Welt schulde ihnen ihren Lebensunterhalt, eine medizinische Behandlung, wenn sie schwer krank sind, Mutterschutz, Arbeitsplatzsicherheit oder gleichberechtigten gesetzlichen Schutz. Es gibt aber auch eine Version des linken Flügels: Sie besteht darin, dass man den Leuten sagt, sie sollten »ihre Privilegien überprüfen«, wenn sie den Eindruck haben, sie hätten das Recht auf irgendetwas, was ärmere oder stärker unterdrückte Menschen nicht besitzen. Nach diesen Maßstäben kann selbst derjenige, der einen Polizeiknüppel über den Kopf bekommt und ohne Grund ins Gefängnis geworfen wird, sich nur dann über die Ungerechtigkeit beklagen, wenn er zuerst alle Kategorien von Menschen benennt, denen dies mit größerer Wahrscheinlichkeit widerfährt.“

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  10. Nails

    Hallo

    Ich suche die original Quelle zu dem Diversitäts Argument? Hat jemand einen link dazu oder eine Referenz? Wollte mir das gerne mal in voller langer durchlesen.

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