Was kostet die Welt? Unklar. Aber wollte man sie sozial und ökologisch erhalten sollte man 860 Milliarden Euro auftreiben, um sie der deutschen Wirtschaft zur Verfügung stellen. Sagt zumindest der BDI. Jens Südekum legt noch etwas drauf, aber auch europaweit ist die neue Welt für weniger als 3 Billionen Euro bis 2030 zu haben. Ok, aber woher nehmen? Diese Frage beschäftigt die neue Regierung, uns uns. Einen sonderbaren Einblick ins politische Treiben offeriert uns Kevin Kühnert. Es wird viel geraucht und viel mit Smartphones hantiert und ab und zu entschieden.
Wie es leider ist, wie es eigentlich sein sollte, zwischen diesen Polen arbeitet seit Jahrzehnten Jürgen Habermas. Er hat sich mit einem langen Text in der Öffentlichkeit gemeldet um seine Unzufriedenheit mit dem aktuellen Strukturwandel darzustellen. Wir besprechen es und knüpfen die amerikanische Debatte um Facebook Meta daran. Es könnte Mark Zuckerberg demnächst an den Kragen gehen. Noch aber klammert er sich an die von ihm geschaffene Welt. Wir beginnen mit unseren liebsten Wohlstandsphilosophen und enden mit der Verabschiedung von Horst Seehofer.
Komm’ in den Salon. Es gibt ihn via Webplayer & RSS-Feed (zum Hören im Podcatcher deiner Wahl). Wenn du Salon-Stürmer bist, lade weitere Hörer von der Gästeliste ein.
01:02:12
HIer handelt es sich um Ernst Fehr aus Vorarlberg. Er befasst sich mit Microökonomie und Verhaltensökonomie.
Warum er in der FAZ im Ranking Platz 1 besetzt ist glaub ich auf das Kriterium „Wissenschaft Zitate“ geschuldet wo er alle anderen auf dem Ranking aussticht. Zudem leitet Fehr als Direktor das UBS International Center of Economics in Society. Den würde ich – wäre ich euch – mal zu einem längeren Gespräch einladen, aus dem einfachen Grund, dass seine Forschung sehr interessant ist.
Zu Sloterdijks Habermas-Lektüre: Imho kann man (den jungen) Habermas nicht viel anders lesen. So als wenn jede Seite bei ihm wichtig sei und er alle seine Notizen irgendwo unterbringen wollte: Literatur, Architektur, Theater, Ökonomie, Politik, Justiz…. Strukturwandel der Öffentlichkeit bietet alles mögliche, aber gibt einen nicht so schnell seine Thesen an die Hand.
Zu Seehofers Digitalisierungsbemühen muss man vlt. auch sagen, dass es nicht mal reicht Programmieren zu lernen, sondern es letztendlich auch ein Reflektieren über letztlich der Domänen ist in dem Software eingesetzt wird, was angeboten wird und vieles andere ist angewande Mathematik. Also, so als wenn die Schüler aufeinmal anfangen Viren zu erkennen, wenn sie anfangen Quellcode zu lesen.
Häufig wird Software einfach eingekauft und dann ist es eine Veredelung von Betriebsstrukturen oder bekommt dann ein Selbstzweck, sodass sich alles andere danach richten muss, weil es sonst nicht funktioniert. Oder es wird auch als Überwachungsapperatur eingesetzt. Auf Codeebene ist das nicht interessant, aber politisch, sozial usw. muss man eher solche Problematiken um Facebook oder Social credit kennen.
(wobei bei Fefe auch täglich angemerkt wird: für Unternehmen sind Windows, Outlook, Activ Direktory eigentlich nicht einsetzbar und haben große Sicherheitslücken)
Das Zitat von Precht war schon darauf bezogen, dass es keine Langzeitstudien zu Corona-Impfungen bei Kindern gibt und er deshalb nie ein Kind unter 12 damit impfen lassen würde (auch wenn der Satz von ihm sehr dumm formuliert war).
Weil man könne ja so ungefähr nicht wissen, ob es dann in 20 Jahren eine Autoimmunschwäche bekommt etc.
Allerdings wäre so etwas wie die Masern-Impfung für ihn okay, weil die ja lang genug erforscht sei. Wobei ich mir auch nicht sicher bin, ob man in solch einem Zeitraum überhaupt schlussfolgern kann, ob irgendeine Erkrankung auf die Masern-Impfung von vor 20 Jahren zurückzuführen ist. Er geht vermutlich davon aus, dass, wenn die Masern-Impfung z.B. Langzeitschäden verursachen würde, wir mittlerweile alle damit herumlaufen würden und es deshalb bewiesen ist, dass es keine gibt.
Davon abgesehen, dass Eltern Kindern ganz andere Sachen zu essen geben, die vermutlich deutlich mehr Schäden im heranwachsenden Körper anrichten und kindliche Systeme nun mal nie komplett ohne Einflüsse heranwachsen können.
Einfach sehr viele Widersprüche von ihm in der Folge, die er eigentlich selbst hätte merken können.
Kann man eig sagen, dass bei Habermas Strukturwandel es sich sehr stark um die bürgerliche Identität dreht? Also, schon weil es eine historische Herrleitung ist und er dann stark normativ argumentiert. Er beginnt ja damit, wie sich das Bürgertum im 18 Jh. und die Öffentlichkeit und die Demokratie herausbildet. Um Funktionalität geht es da dann nicht unbedingt, sondern vlt eher sowas wie den besseren Geschmack (wie bei Bourdieu) . Wahrhaftigkeit wäre dann aber eher sowas wie eine psychologische Einstellung? Also Vernunft kann ja verschieden und nicht nur wissenschaftlich oder instrumentell eingesetzt werden. Letzteres bildet bei Habermas Historisierung eher der Rahmen in der Ökonomie und dem beginnenden Kapitalismus.
Zum Unterhaltungsaspekt kann man vlt sagen, dass Aufklärer sowas eher mit Verführung in Verbindung brachten. Die breiten Massen werden verführt, im Unklaren gelassen, kontrolliert usw. der Aufklärer dagegen ist neugierig, will verstehen, hinterfragt und klärt dann das Publikum auf. Wobei immer auch ein bisschen Unterhaltung in den Diskussionen in den Salons, Kaffeehäusern usw. mit dabei gewesen sein müsste, aber um Kunst, Kultur usw. wird auf einer identitären Ebene räsoniert – daraus entstand dann ein politischer Diskurs. Und ihr sagt ja auch, dass in den Medien es zu sehr um Performance, Horse Race und Köpfe geht, die Politik also draußen gelassen wird.
Dass das zu normativ sei, ist dann gerechtfertigt, weil es geht um eine bürgerliche Selbstbeschreibung und Identität.
Beim Historikerstreit ist das Problem eben damit dass die Aufhebung der Singuarität des Holocaust eine Relativierung zur folge haben kann und dass das auch identitäre Folgen hat. Der Vorwurf Nolte wollte den Holocaust entmoralisieren kann auch heißen, er will die identitäre Last von diesem Ereignis nehmen (wobei das bei ihm wahrscheinlich sogar zutrifft, wenn er sagt, das KZ sei eine Antwort auf den Gulag). Dirk Moses nennt das Deutschen Katechismus: https://geschichtedergegenwart.ch/der-katechismus-der-deutschen/
Ich denke die Habermas-Rezeption war ein Highlight in diesem Jahr. Macht ihr nur ein Jahresabschluss oder versucht ihr ein wenig Bilanz zu ziehen?